Evangelische Kirche in Rellinghausen

Für die Existenz einer evangelischen Gemeinde in Rellinghausen (Dorf und Stiftsterritorium einschließlich der Bauernschaften jenseits der Ruhr) gibt es direkte Zeugnisse seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Aus indirekten Zeugnissen und anderen unterschiedlichen Indizien darf man schließen, dass die Gemeinde wenigstens hundert Jahre älter ist und zeitweilig sogar die Mehrheit der adeligen Stiftsdamen, der Stiftsgeistlichkeit und der Bevölkerung umfasste. Der Bau eines ersten eigenen Gottesdiensthauses wurde unter anderem dadurch veranlasst, dass die inzwischen wieder erdrückend mehrheitlich katholische Gemeinde den Evangelischen die (Mit-) Benutzung der Stiftspfarrkirche versagte.

Erste evangelische Kapelle : 1663 bis 1775 Von dem bescheidenen Fachwerkbau ist nicht einmal der genaue Standort bekannt. Weder Geläut noch Orgel waren von der inzwischen zuständigen Essener Fürstäbtissin genehmigt. Den Kirchhof durften die Evangelischen weiter benutzen, Abendmahlhostien lieferte die katholische Gemeinde.

Zweiter evangelischer Kirchbau : 1775 bis 1935 Über das „liebe Kirchlein“ sind wir durch Fotos informiert und durch ausführliche Berichte zur 150-Jahr-Feier 1925. Der Bau, von außen Dorfkirche mit Dachreiter, im Inneren ein bescheidenes ländlich-lutherisches Spätbarock, war für den Bedarf von vornherein zu klein. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts war durch Bergbau und Industrie die Gemeinde von 800 Seelen auf 8.000 Seelen angewachsen. Pläne für einen Neubau oder die Errichtung einer zweiten Kirche – z.B. im Bereich des heutigen Bezirks Stadtwald – wurden erörtert, aber durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen und in den Wirtschafts- und Geldkrisen der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts erledigt. Ein Entwurf von 1913 des renommierten Essener Architekten Paul Dietzsch blieb Plan.

Dritter evangelischer Kirchbau : 1935 bis zur Gegenwart. Mit der Errichtung der heutigen Kirche wurde der Architekt Hans Hörnaus Essen-Stadtwald 1934 beauftragt. Den Neubau nahm die Gemeinde am 25. März 1935 feierlich in Gebrauch. Seit 1996 steht der Bau unter Denkmalschutz: einziger Sakralbau der Dreißigerjahre in Essen und letzter vor dem Zweiten Weltkrieg. Der Kubus des geräumigen Zweckbaus lässt bauästhetische Ambitionen nur in einigen Details erkennen. Errichtet nahezu Wand an Wand neben dem an der Fluchtlinie der Bodelschwinghstraße orientierten Vorgänger (Grundmauern sind unterm Rasen erkennbar) ist der Neubau auf die Frankenstraße ausgerichtet und mit dieser durch einen weitläufigen Treppenanstieg verbunden. Die Gliederung der Außenwände durch „Säulen“ sowie die der Oberstraße zugewandte Giebelseite mit den Eingangstüren erinnern an einen antiken Tempel. Der Glockenturm, wieder ein Dachreiter, nimmt Formen des Hecks einer mittelalterlichen Kogge auf. Die „Säulen“, die auch die Wände des Kircheninneren gliedern, sind an ihrem unteren Ende geschwungen und vermitteln so den Eindruck von Spanten in einem Schiffs-Laderaum. Ein Schiff als Symbol für die Gemeinde trägt auch das Siegel und ziert als Buntglasfenster die Sakristei. Der Anbau auf der Westseite der Kirche, Gedächtniskapelle genannt, enthält museale Stücke aus dem Vorgängerbau, die barocke Kanzel mit Deckel, das Taufbecken, einen Kerzenlüster sowie die alte Eingangspforte.